
Rhabarberflittchens Anzucht-Tipps | Für die meisten Pflänzchen ist jetzt, Mitte März, die beste Zeit mit der Voranzucht zu beginnen. Also auf keinen Fall ins Bockshorn jagen lassen wenn man überall die Anzuchtschalen bereiots seit Monaten stehen sieht. Das sind meist die, deren Pflänzchen jetzt bereits vergeilen und die dadurch gewonnene Zeit wieder verspielen. Aber davon später… Wann mit der Aussaat begonnen wird hängt ab von den Pflanzen die gezogen werden sollen – und vom Platz am Licht…
Paprika, Tomaten und Chilies sowie das eine oder andere Gemüse für’s Frühbeet, das sind die Beginner. Alles andere hat Zeit. Anzuchtschalen, in denen breitwürfig angesät wird, sind schnell gefüllt und nehemn auch nicht viel Platz weg. Nach dem Pikieren, d.h. dem Vereinzeln der kleinen Sämlinge in Extratöpfe, wird Platz nämlich meist knapp. Alle Fensterbänke mit genügend Lichteinfall sind voll, das Treppenhausfenster auch schon belegt – froh ist, wer dann ein Gewächshaus hat oder zumindest tagsüber auf den Balkon ausweichen kann.

Deshalb ja nicht stressen lassen. Viele Samen gehen innerhalb einer Woche oder kurz danach auf, ca. zwei Wochen wird pikiert. Vereinzelt wird wenn die Pflanze etwas gekräftigt erscheint und das zweite Blattpaar erschienen ist. Zuerst kommen die Keimblätter, es folgen die eigentlichen Blätter. Sobald diese ausgeprägt zu sehen sind ist auch das Wurzelgeflecht der kleinen Sämlinge zum versetzen bereit.
Wenn sich die Ungeduld bemerkbar macht beginne ich zum Jahresbeginn damit zu sammeln. Denn eigentlich eignet sich alles für die Aussaat was man so und so im Laufe der Zeit im Haus hat: Eierschalen, Eierkartons, Joghurtbecher, flache Plastikschalen von Himbeeren oder Blaubeeren, Konservenbüchsen, aber auch kaschierte Papierbecher, ’Coffee to go’-Becher – die einen herrlichen Shabby Chic-Look erhalten nachdem sie einmal in der Spülmaschine durchgespült wurden. Eigentlich geht alles was sich im Boden für den Wasserabzug durchbohren lässt. Wenn kein Deckel vorhanden ist lässt sich dieser durch Klarsichtfolie ersetzen. Wichtig ist nur die Anzuchterde, um deren Kauf kommt niemand herum. Sie ist nicht angereichert mit Dünger, ist mager und lässt die kleinen Pflanzen deshalb erst einmal nur mässig wachsen. Sie sollen hungrig bleiben, in der Tiefe nach Nahrung suchen und gutes Wurzelwerk entwickeln.
Wem das Messie-Dasein nicht liegt, schaut sich bei den fertigen Anzuchtsets um – gerade für Anfänger eine praktische Sache. Beim —-> Set auf dem Foto oben von MagicGardenSeeds sind dabei: Anzuchterde mit Anzuchtschalen, ein Zimmergewächshaus, Pikierstab und Pflanzschildchen. Wer nicht wie ich im Badezimmer eine perfekt verlaufende warme Versorgungsleitung hat, für den macht die Luxusvariante des Zimmergewächshauses mit Heizmatte vielleicht auch Sinn. Bitte für den Anfang nicht zu viele Zimmergewächshäuser kaufen, ich habe zwei und komme damit mehr als super hin. Denn nur bis zum Zeitpunkt der Keimung brauchen die kleinen Babies einen Deckel – danach nur noch viel, viel Licht… Das Aussäen selbst geht easy: einfach auf die Saatgut-Packung schauen und nach Anleitung vorgehen. Vielleicht gerade auch für den Anfang nicht zu viele verschiedene Sämereien Anziehen und im ersten Jahr lieber noch etwas Fingerspitzengefühl entwickeln.


Interessant wird es für Fortgeschrittene, die mit dem grundlegenden Ablauf schon etwas vertraut sind. Jeder Gartenbegeisterte hat natürlich seine eigenen Vorliegen und Tricks und nicht jedes Jahr funktioniert alles gleich gut. Deshalb sind auch die nachführenden Tipps nicht mehr als meine ganz persönliche Erfahrung und auch ich lerne jedes Jahr wieder hinzu…
Das Zimmergewächshaus von oben ist klasse und ich möchte es nicht missen. Die Anzuchtschalen aus Kokosfaser zerschneide ich aber immer schon vor dem Befüllen. Samen, selbst die von gleichen Pflanzen, keimen nun einmal unterschiedlich und sollten raus aus dem feuchten Gewächshaus mit seinen tropischen Temperaturen sobald die Keimung erfolgt ist. Verbleiben sie unter Folie oder Deckel, setzt sich leicht der für die Pflänzchen tödliche Schimmel an. (Was sich dagegen machen lässt bitte ganz unten lesen) Einzeltöpfe sind da klar von Vorteil und können zeitnah entnommen werden. Kokosquelltabletten mag ich persönlich gar nicht. Die Handhabung ist sauberer, aber die Tabletten schimmeln oft komplett durch und die Samen gehen schlecht auf in dem Substrat. Sie sind ausserdem nur für einzelne Samenkörner gedacht, die in das vorgesehene Loch in die Mitte gelegt werden.

Eierschalen dagegen verwende ich sehr gerne und bilde mir ein, dass die Pflänzchen darin schneller kräftig werden als in anderen Töpfen. Oft stelle ich die Eierschalen mitsamt des Kartons in ein Zimmergewächshaus, bei Pflanzen mit längerer Keimdauer oft aber auch nur die Eierschalen. Das wiederum hat wieder mit Schimmel, aber auch mit Platz zu tun. Wem was mehr taugt muss jeder für sich entscheiden und austesten…



Gerne verwende ich bei Saatgut das aufgrund seiner Größe einzeln gelegt werden kann diese kleinen Gewächshäuser wie oberhalb abgebildet. Dazu gibt es auch einen Klarsicht-Deckel. Allerdings sollten darin Pflanzen gezogen werden die annährend die gleiche Keimzeit besitzen, denn irgendwann muss ich den Deckel abnehmen und die noch nicht gekeimten Samen tun sich dann schwer. Was ich daran aber liebe ist die Tiefe von 7cm bei gleichzeitiger, enormer Platzeinsparung gegenüber anderen Töpfen mit gleicher Tiefe. Ausserdem das große Abzugsloch unten – mit dem Pikerstab oder einem Finger schiebe ich das Pflänzchen mit seinem Wurzelballen nach oben und pflanze es dann sogleich um. Diese schmalen, tiefen Röhrchen sind in der Regel so gut durchwurzelt dass die Erde beim Versetzen zusammengehalten wird und nicht auseinander fällt.

Sind Sämlinge zu hoch gewachsen setze ich sie bis zum ersten Blattpaar in Erde, sie bilden dann an dem kleinen Stämmchen weitere Wurzeln. Den Behältern sind, wie oben schon angedeutet, keine Grenzen gesetzt. Gut ist was da ist und platzsparend eingesetzt werden kann. Joghurt- oder Getränkebecher sind eigentlich perfekt – sie nehmen weniger Platz ein als richtige Blumentöpfe und lassen sich ausserdem gut beschriften. Pflanzschildchen fertige ich übrigens oft aus zerschnittenen Joghurtbechern. Eierschal-Pflanztöpfchen lassen sich sehr schön beschriften – auch deshalb verwende ich sie gerne… Der Physalis links habe ich relativ wenig Platz gegegeben, aber die Samen waren so klein, das erschien mir beim Säen ausreichend. Ich hatte das Saatgut von einer abends im Restaurant auf dem Dessert liegenden Andenbeere selbst gewonnen und traute dem Ganzen wohl nicht soviel zu : ) Saatgut selbst gewinnen geht übrigens ganz einfach: aus dem Fruchtmark die Samen mit einer Messerspitze auf einem Papiertuch verstreichen, trocknen lassen und abstreifen. Rein in die Erde. Im Idealfall hat man die Frucht im Bioladen gekauft und weiß auch noch genau um die Sorte…
Bei den Setzlingen oben sind erst die Keimblätter zu sehen. Ich warte mit dem Umsetzen aber noch bis das zweite oder, je nach Platz, auch das dritte Blattpaar gut ausgebildet ist. Nur wenn zum Beispiel durch Vergeilen der Triebe ein Umknicken oder Kümmern der Pflanze zu befürchten ist, setze ich die Kleinen so tief wie möglich noch vor Erscheinen des ersten richtigen Blattpaares in einen höheren Topf. In jedem Fall stelle ich sie dann auch kühl und auf gar keinen Fall über einer Heizung!

Zum Abschluß noch zwei wichtige Tipps für die kleinen Sämlinge und Pflanzen-Setzlinge. Es gibt Jahre da braucht man den Sand nicht, 2018 aber z.B. ist er überlebenswichtig als Mittel gegen die Trauermücken. Das sind diese fiesen kleinen Fliegen die auf den ersten Blick wie Obstfliegen aussehen und wohl schon in der Erde stecken. Wer es ganz richtig machen will steckt seine Erde in den Backofen und tötet diese noch einmal vor Gebrauch ab. Aber sie marschieren trotzdem auf. Die viel gepriesenen Gelbtafeln helfen nicht, es mag die eine oder andere kleben bleiben, alle anderen vermehren sich munter weiter, krabbeln in die Erde, legen ihre Eier und deren Larven können die kleinen Pflänzchen massiv schädigen. Erstbefall vermindern lässt sich über Kaffee-Gießwasser – die Pflänzchen freuts und die Larven tötet es ab. Bitte nicht übertreiben, aber so ein Espresserest oder Kaffeesatz auf eine kleine Kanne ist okay. Wirklich hilfreich ist eine dicke Schicht Sand auf der Erde rund ums Pflänzchen. Ganz gleich ob feiner Vogel- oder Quarzsand oder ganz simpler Spielsand, die Hauptsache Sand. Denn nur der hindert die Trauermücke an der Eiablage. Ausserdem mag sie’s feucht, die Erde nicht pitschnaß zu halten ist also auch deshalb von Vorteil.
Tipp N°2 bezieht sich auf meinen Feind, den Schimmel. Obwohl ich achtgebe wie ein Schießhund: hin und wieder sondert das kleine Gewächshaus trotz der Lüftungsschlitze soviel Wasser ab dass sich Schimmel bildet. Die Balance zwischen der feuchten Hitze und genügend Lüftung hab ich irgendwie nicht wirklich raus – wahrscheinlich hab ich zuviel Angst der Quellvorgang könnte durch Trockenheit zum Stillstand kommen. Hat sich Schimmel gebildet, hilft Zimt! Ganz banaler Küchenzimt wird sachte über die befallenen Stellen gestäubt und stoppt damit die Schimmelbildung. Ganz simpel, aber ungemein hilfreich. In diesem Sinne: habt eine wunderschöne und ertragreiche Aussaatzeit voller Ungeduld und dauerndem Hinschauen. Denn was nur Gärtner verstehen: am liebsten würde man sich doch davor hinsetzen und den Pflänzchen beim Wachsen zuschauen…
Kleiner Nachtrag zu den Aussaattipps
Zum Zeitpunkt des Pikierens, des Vereinzeln der in kleinen Anzuchtschalen herangewachsenen Sämlinge werden die weiterführenden ‘Töpfchen‘ oft knapp. Eine schnelle und immer verfügbare Lösung versprechen da Toilettenpapier-Rollen und werden gerade stark gehypt. Auf den ersten Blick klingt deren Verwendung gut: die Sämlinge können tief wurzeln und der Erd- und Platzverbrauch ist effizient. Ich setze sie nur noch ein bei Saatgut dass gleich einzeln gesetzt und bei dem das Pikieren übersprungen werden kann, bei Sonnenblumen oder Zinnien zum Beispiel. Den Aussaat-Zeitpunkt passe ich so ab, dass es danach gleich nach draussen gehen kann.
Denn wie das Foto unten zeigt – Saatgut zum gleichen Zeitpunkt ausgesät und Sämlinge beim Pikieren gleich kräftig – die Pflänzchen in der Papierrolle tun sich wesentlich schwerer. Papierrollen funktionieren meines Erachtens nur, wenn man mehrmals täglich sprühen kann um den Wasserhaushalt den ganzen Tag über konstant zu halten. Ich setze auf gesammelte Joghurtbecher, proffessionelle Pflanztöpfchen oder wie hier gezeigt, auf Einwegbecher aus Plastik. Letztere sind übrigens meine Lieblinge: nebeneinander stehend brauchen sie relativ wenig Platz , bei den durchscheinend-dünnen Bechern lässt sich auf einen Blick ersehen ob sie noch mit Wasser versorgt sind und sie lassen sich ineinander gestapelt platzsparend verstauen für den nächsten Einsatz. Denn letzteres ist Pflicht beim Einsatz von Kunststoff! Gerne setze ich übrigens auch beschichtetete Coffee to go-Pappbecher ein, ich spüle diese aus und sammel das ganze Jahr über fürs nächste Frühjahr…
